Mittlerweile
hat sicher jeder von den Demonstrationen in Hong Kong in den Nachrichten gehört. Ich möchte die Lage vor Ort kurz schildern und einige
Einblicke geben, was ich davon mitbekommen habe.
Um was geht es eigentlich
bei der ganzen Sache?
Um
Demokratie. Seit die Kommunistische
Partei in Peking am 31.08.2014 bekannt gab, dass es 2017 keine direkten Wahlen
geben wird, sind viele Hongkonger sehr enttäuscht. Unter dem Slogan „One
country, two systems“ hatte man hier lange Hoffnung irgendwann unter einer
direkten Demokratie leben zu können. Man wird die Kandidaten 2017 jedoch nicht direkt
wählen können, sondern nur aus einer Liste von Kandidaten, welche von Peking
abgesegnet sind.
Wie erlebt man die
Demonstrationen hier?
Bis vor
kurzem habe auch ich von den Demonstrationen immer nur in den Nachrichten
gehört. Viel mitbekommen hatte ich davon im Alltag nicht. An der Uni hängen
zwar schon seit 2 Wochen Flyer und Plakate mit chinesischen Zeichen und Aufruf
zum Streik, aber viel davon gesehen habe ich nicht. Auffällig war, dass viele
Plakate die Aufschrift 922 trugen um auf einen grösseren Streik am 22.
September hinzuweisen. Wie ich gelesen hatte fand dieser an der Chinese
University of Hong Kong statt aber an unserer Uni ging der Unterricht wie
gewohnt weiter.
Banner an der Uni |
Was denken die Studenten?
Ich habe
mit einigen Studenten an der Uni über die Demonstrationen gesprochen und wollte
wissen, wie sie dazu stehen. Hier gehen die Meinungen stark auseinander: Die
Studenten welche aus China stammen und (wie ich) nur des Studiums wegen in Hong
Kong wohnen, halten sich aus diesen Angelegenheiten raus. Sie haben mir
mitgeteilt, sie hätten mit dem Studium genug zu tun, und hätten keine Zeit auch
noch zu demonstrieren. Das passt ziemlich gut zu dem Bild, was ich von den
chinesischen Studenten habe. Die Hongkonger Studenten, welche hier aufgewachsen
sind, sehen das etwas anders. Sie unterstützen die Demonstrationen, und viele
davon nehmen auch daran teil. Sie möchten sich für eine direkte Demokratie einsetzen
und nicht von China kontrolliert werden. Jedoch haben sie Respekt vor der
Polizei.
Wie war die Lage heute?
Heute habe
ich das erste mal etwas mehr von den Demonstrationen mitbekommen. Da ich am
Abend noch zum Essen im Zentrum verabredet war, habe ich live miterlebt wie die
Demonstrationen den Verkehr lahm gelegt haben. Ich habe versucht
irgendwie mit dem Taxi oder der Metro ans Ziel zu kommen, doch die Strassen
waren grösstenteils blockiert. Auch die nächst nahe gelegene Metrostation
(Admiralty), war geschlossen, um die Demonstranten besser unter Kontrolle zu
haben. Ich habe die Demonstrationen am Rande etwas beobachtet und mit einigen
Demonstranten gesprochen. Diese freuen sich immer wenn ein Ausländer Interesse
an der Lage zeigt und bitten mich allen davon zu berichten. Ich habe Ihnen
versichert, dass das Thema weltweit in den Nachrichten kommt.
Demonstranten blockieren die Strasse |
Im
Finanzdistrikt im Zentrum hatte sich die Lage schon seit heute Nachmittag zugespitzt.
Dort kam es zu Ausschreitungen zwischen den Demonstranten und der Polizei und
es wurde Tränengas eingesetzt. Als ich gegen Abend dort war, war es zum Glück ruhig,
doch die Leute waren sehr angespannt. Die Studenten haben auf den Strassen
Barrikaden errichtet und sich gegen das Tränengas gewappnet. Dort wo ich mich
aufhielt, verhielt sich die Polizei zurückhaltend. Einige Leute berichteten mir
jedoch, dass an anderen Orten bereits wieder Tränengas zum Einsatz kam. Nachdem
ich mir ein Bild von der Lage gemacht hatte und mir klar wurde, dass ich heute
mit dem öffentlichen Verkehr nicht mehr an mein ursprüngliches Ziel kommen
würde, begab ich mich auf den nach Hause Weg. Zu sehr möchte ich lieber nicht
in die Sache verwickelt werden.
Barrikaden werden errichtet |
kein Durchkommen für den Verkehr |